Änderung des Kinder- und Jugendmedienschutzes
Der Medienumgang von Kindern und Jugendlichen hat sich mit der Zeit mehr und mehr in die digitale Welt verlagert. Um sich der heutigen Medienrealität junger Heranwachsender anzupassen, wurden neue Regelungen beim gesetzlichen Kinder- und Jugendmedienschutz eingeführt. Um welche Regelungen es sich genau handelt, zeigt der folgende Beitrag.
Die heutige Medienrealität von Kindern und Jugendlichen
Medien sind zu einem großen und wichtigen Bestandteil der Lebenswelt von jungen Menschen geworden. Das zeigt sich auch darin, dass bereits 70 Prozent der sechs- bis 13-Jährigen das Internet nutzen (KIM 2022). Bei den Jugendlichen besitzen von den 12- bis 19-Jährigen 96 Prozent ein eigenes Smartphone und 76 Prozent einen eigenen Computer oder Laptop (JIM 2022). Zudem sind Kinder und Jugendliche viel auf Messenger-Diensten wie WhatsApp und Sozialen Plattformen wie TikTok aktiv. Sie tauschen sich dort mit anderen aus, vernetzen sich, spielen Spiele oder schauen sich Videos und Fotos an.
Änderungen im gesetzlichen Kinder- und Jugendmedienschutz
Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag stellt eine einheitliche Rechtsgrundlage für den Jugendschutz in elektronischen Medien dar. Dazu zählen unter anderem das Fernsehen und der Hörfunk sowie das Internet. Ziel ist es Kinder und Jugendliche grundsätzlich vor Einflüssen aus der Erwachsenenwelt zu schützen und ungeeignete Inhalte vorzubeugen. Der bisher geltende Kinder- und Jugendmedienschutz wurde der heutigen Medienrealität von Kindern und Jugendlichen nicht mehr gerecht. Das sogenannte Zweite Gesetz zur Änderung des Jugendschutzgesetzes soll den Kinder- und Jugendmedienschutz modernisieren und an die aktuelle Medienrealität anpassen. Es ist zum 1. Mai 2021 in Kraft getreten.
In dem gesetzlichen Kinder- und Jugendmedienschutz werden nun auch Interaktionsrisiken, miteinbezogen. Dazu zählen beispielsweise der Kontakt zu Fremden über die Chat-Funktion oder auch kostenpflichtige und glücksspielähnliche Inhalte. Durch den Einbezug solcher Risiken sollen Kinder und Jugendliche insbesondere vor Mobbing, Cyber-Grooming, Hassrede, Tracking und vor Kostenfallen geschützt werden. Diese Risikodimensionen rücken durch die zunehmende Verlagerung vieler Aktivitäten auf den Online-Bereich immer mehr in den Fokus. Zudem werden Anbietende stärker in die Pflicht genommen. Damit soll ein geeigneter und ausreichender Schutz für Kinder und Jugendliche auch in Bezug auf digitale Medien gewährleistet werden. Zudem wird eine Orientierung für Eltern und Fachkräfte geschaffen sowie eine Rechtsdurchsetzung gegenüber ausländischen Anbietenden gewährleistet. Dabei sollen die Persönlichkeitsrechte der Kinder und Jugendlichen weitreichender geschützt und der Kontakt mit gefährdenden Inhalten verhindert werden.
Wie wird mehr Schutz gewährleistet?
Mit dem Gesetz sollen Interessen und (Schutz-)Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen näher in den Blick genommen werden. Dies wird durch verschiedene Vorgaben geregelt. So gibt es Voreinstellungen, zu denen Anbietende verpflichtet sind. Indem beispielsweise verhindert wird, dass Kinder und Jugendliche beim Spielen oder auf Social-Media-Plattformen einfach von Fremden gefunden und angeschrieben werden, sollen sie vor diversen Interaktionsrisiken geschützt werden. Zudem sollen Kostenfallen, wie zum Beispiel Loot-Boxen, standardmäßig deaktiviert sein. Anbietende sollen hier darauf achten, dass die Voreinstellungen kindgerecht sind. Die App TikTok hat bereits solche Voreinstellungen für minderjährige Nutzer*innen vorgenommen. TikTok-Konten von 13- bis 15-Jährigen sind grundsätzlich auf „privat“ gestellt. Nutzer*innen können dadurch selbst entscheiden, wer ihnen folgen darf, ihre Videos anschauen und kommentieren kann. Bei Accounts von 16- bis 17-Jährigen ist das Herunterladen von Videos durch andere Nutzer*innen in den Grundeinstellungen deaktiviert. Diese Einstellungen greifen jedoch nur, wenn bei der Registrierung das wahre Alter angegeben wurde. Eine Altersüberprüfung wird von TikTok nicht vorgenommen.
Zudem wird mehr Schutz durch Hilfs- und Beschwerdesysteme gewährleistet. Dabei soll Kindern und Jugendlichen ein einfaches, verständliches und leicht zugängliches Hilfs- und Beschwerdesystem ermöglicht werden, an welches sie sich wenden können wenn sie sich bedrängt oder bedroht fühlen.
Auch die mögliche Begleitung und Steuerung der Mediennutzung durch die Eltern gehört mit zu den neuen Regelungen. So können Anbietende Eltern die Möglichkeit geben, ihre Kinder altersgerecht zu begleiten, beispielsweise indem sie bestimmte Einstellungen, wie geschlossene Chats oder Zeitbegrenzungen, vornehmen können.
Eine Orientierung für Eltern und Fachkräfte
Die Änderung des Kinder- und Jugendmedienschutztes verspricht ebenfalls eine weitere Orientierung für Eltern und Fachkräfte. Diese zeigt sich nun auch online in einer einheitlichen Alterskennzeichnung für (Computer-)Spiele und Filme. Hierbei soll die Alterskennzeichnung, egal ob analog oder digital, stets nach denselben Kriterien erfolgen. Neben den Inhalten werden zukünftig ebenfalls die Interaktionsrisiken berücksichtigt, wodurch die Alterskennzeichnung an Aussage- und Orientierungskraft gewinnt. Als ein Interaktionsrisiko würde beispielsweise eine ungeschützte Kommunikation von Kindern mit Fremden in Computerspielen gelten. Wird eine solche Kommunikation in einem Spiel ermöglicht, gilt dieses aus Sicht der Alterskennzeichnung als ungeeignet.
Umsetzung der Pflichten
Die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ entwickelt sich weiter zur „Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz“. Sie kümmert sich nun um die Einhaltung der Pflichten für Anbieter sowie um die Vernetzung aller Akteure. Dabei rücken vor allem Anbietende mit Sitz außerhalb Deutschlands, die eine Rolle in der digitalen Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen spielen, in den Fokus. Kommen Anbietende nicht ihren Pflichten nach, kann es zu Zahlungen von hohen Bußgeldern kommen.
Tipps und Hinweise
Die weitreichenden Änderungen des Kinder- und Jugendmedienschutztes in Bezug auf den digitalen Raum dienen Eltern und Fachkräften zur Orientierung und bieten gleichzeitige einen gewissen Schutz für Kinder und Jugendliche. Dieser Schutz kann natürlich nur gewährleistet werden, wenn die Anbietenden ihren Pflichten nachkommen. Wichtig zu beachten ist auch, dass es bei einer Altersbegrenzung einzelner Online-Dienste bzw. -Spiele schwierig ist, das tatsächliche Alter von Nutzer*innen zu erfassen.
Auch wenn die Änderungen vielversprechend klingen und mehr Schutz bieten, ist es wichtig, dass Eltern ihre Kinder, vor allem im jungen Alter, weiterhin bei der Mediennutzung begleiten. Besonders vor dem Hintergrund, dass eine Beeinträchtigung durch einzelne Inhalte trotz der Änderungen nicht auszuschließen ist, ist dies ein wichtiger Aspekt. Je älter die Kinder aber werden, desto mehr Freiraum brauchen sie, welcher ihnen auch gegeben werden sollte. Wichtig ist es dabei immer im Gespräch mit den Kindern und Jugendlichen zu bleiben und den Medienumgang gemeinsam zu reflektieren. Dazu gehört einerseits der Medienumgang der Kinder, anderseits aber auch der der Eltern. Darüber hinaus sollte die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen weiterhin gestärkt und ein geeigneter Umgang mit Medien gefördert werden.