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Es scheint, als würde ein einziger Hebel betätigt werden und schon können zahlreiche Nutzer*innen bestimmte Inhalte auf Social Media nicht mehr sehen. Dieses Vorgehen nennt sich Zensur und bewegt sich häufig in einem Spannungsfeld zwischen „längst überfällig“ und „Einschränkung der freien Meinungsäußerung“. Was genau Zensur in den sozialen Medien ist und wie diese funktioniert, erklärt webhelm.

Wie funktioniert Zensur?

Mit Zensur ist im eigentlichen Sinne die Kontrolle durch staatliche Institutionen gemeint, bei welcher Medien auf Verstöße überprüft werden, die sich unter anderem auf politischer, gesetzlicher oder religiöser Ebene vollziehen können. Unterschieden werden muss in diesem Zusammenhang zwischen einer Vor- und Nachzensur. Bei der Vorzensur müssen Inhalte erst genehmigt werden, bevor sie veröffentlicht werden dürfen. Im Rahmen der Nachzensur können Inhalte im Nachinein verboten und gesperrt werden.

Nun findet Zensur aber auch in Social-Media-Angeboten wie beispielsweise TikTok oder Instagram statt, welche sich als Unternehmen und nicht als staatliche Institution bezeichnen lassen. Dadurch, dass diese Unternehmen selbst kontrollieren können, welche Informationen für die Nutzer*innen freigegeben werden, können sie eine nicht-staatliche Zensur betreiben, welche den jeweiligen Community-Standards der einzelnen Plattformen folgt und auf dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (kurz: NetzDG) basiert. Dieses regelt, was im deutschen Netz erlaubt ist und was nicht sowie wie die Rechtsdurchsetzung in Social Media zu erfolgen hat. Überprüft werden von den Plattformen häufig Bilder, Videos und ganze Accounts, welche bei Aufdeckung von Verstößen gelöscht werden können. Es kann aber auch vorkommen, dass lediglich einzelne Begriffe in den Untertiteln von Videos zensiert werden. So werden Wörter wie „Gewalt“ durch Sternchen ersetzt oder wie das Wort „pros********“ geschrieben. Jedoch können die Untertitel im Nachgang eigenhändig bearbeitet werden.

Besonders relevant erscheint das Thema Zensur vor dem Hintergrund politischer Konflikte. So beispielsweise im Rahmen des Kriegs gegen die Ukraine. Hier wird vor allem von russischer Seite aus eine staatliche Zensur betrieben, indem Medien gesperrt werden, die eine kritische Sicht äußern, wodurch Propaganda betrieben wird. Auch auf TikTok findet sich häufig eine Zensur politischer Aspekte wieder. So werden zum Beispiel Informationen über die Unterdrückung der Uigur*innen durch die chinesische Regierung häufig zensiert und politische Videos teilweise eingeschränkt, sofern es sich um politisch unerwünschte Inhalte handelt. Eine aussagekräfte Erklärung von Seiten TikToks dazu gab es bisher nicht. Aber auch in Bezug auf Donald Trump kann von Zensur gesprochen werden. Sein Twitter-Account wurde aufgrund von Verstößen gelöscht und damit zensiert.

Herausforderungen

Dadurch, dass die Community-Standards der jeweiligen sozialen Plattformen häufig nicht eindeutig formuliert sind, wird bei dem Vorgehen gegen Verstößen oftmals im Einzelfall entschieden. Durch das NetzDG können Unternehmen unter Zeitdruck geraten. Gemeldete Hasskommentare oder diskriminierende, rassistische Aussagen müssen innerhalb von sieben Tagen gelöscht werden. Offensichtlich rechtswidrige Inhalte sogar innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde. Wird dies nicht gemacht, drohen den Unternehmen hohe Geldstrafen. Damit einhergehend kann es zu Overblocking kommen, indem Social Media Plattformen aufgrund von Zugzwang lieber einmal mehr Inhalte blockieren als nötig. Dies kann auch dazu führen, dass Beiträge gelöscht werden, die eigentlich aufgrund des Rechts auf freie Meinungsäußerung existieren dürften. Dabei berufen sie sich häufig auf ihre Gemeinschaftsstandards, wodurch nicht das deutsche Strafgesetz als Grundlage genommen wird, sondern eigens aufgestellte Regeln, was unter anderem zu einer Benachteiligung von Menschen führen kann.

Auch stellt die Zensur von Wörtern in Untertiteln für Gehörlose eine Herausforderung dar. So können Gehörlose-Nutzer*innen häufig nicht erkennen, um welche Wörter es sich bei den zensierten handelt. Als positiv bewertet wird hier das Nachbearbeiten der Untertitel. Um einer Zensur zu entgehen werden User*innen dabei kreativ. So werden beispielsweise Wörter wie folgt zensiert: „Dr*gen“ oder „G3w4alt“. Mit dem Verfremden der Wörter werden die Videos oftmals nicht von den Plattformen genommen oder gesondert geprüft. Jedoch finden sich auch weiterhin noch Wörter, wie Schimpfwörter oder ähnliches, auf Social Media wieder.

Tipps und Hinweise

Sobald Kinder und Jugendliche soziale Netzwerke nutzen, ist es wichtig, sie für einen Umgang damit zu sensibilisieren. Dabei sollte ein Bewusstsein für relevante Themen im Zusammenhang mit Social Media geschaffen werden. Auch das Thema „Zensur“ stellt sich vor allem vor dem Hintergrund aktueller politischer Geschehnisse als relevant heraus. Dementsprechend ist es vorteilhaft, den Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, dass Social Media Plattformen zwar zahlreiche Informationen zur Verfügung stellen, diese aber gegebenenfalls im Vorhinein selektiert und zensiert wurden. Damit schaffen die sozialen Netzwerke durch Algorithmen Filterblasen und bewerten, welche Inhalte für Nutzer*innen sichtbar werden und welche nicht. Zusätzlich entscheiden die Unternehmen eigenständig, welche Beiträge gelöscht werden. In diesem Zusammenhang ist es bedeutsam, dass Kinder und Jugendliche eine Recherchekompetenz entwickeln. Damit sollen sie Inhalte aus dem Internet kritisch hinterfragen und sich verschiedener Quellen zur Recherche bedienen können. Zudem sollten sie angeleitet werden, einen respektvollen Umgang im Netz zu unterstützen, in welchem die eigene Meinung geschützt, gleichzeitig aber gegen Hetze und illegale Inhalte vorgegangen wird.