Rechte Inhalte auf TikTok
Jüngste Wahlen wie Landtagswahlen und die Europawahl machen deutlich, dass einige junge Menschen rechtspopulistischen Parteien zugewandt sind. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Auch die Präsenz von rechten Parteien und gesichert rechtsextremen Personen oder Gruppen in Social-Media-Angeboten kann dazu beitragen. So besitzt die AfD auf der Plattform TikTok von allen im Bundestag vertretenen Parteien am meisten Reichweite. Doch wieso sind rechte Inhalte bei Jungen Menschen so beliebt und wie können Eltern und pädagogische Fachkräfte damit umgehen, sollten Kinder und Jugendliche auf diese Inhalte stoßen?
TikTok als politisches Instrument
Dass Social Media und insbesondere die Plattform TikTok eine große Rolle im Leben von Jugendlichen spielt und somit auch einen erheblichen Einfluss auf ihre Meinungsbildung hat, ist längst auch bei politischen Akteur*innen angekommen. Deshalb versuchen einige schon seit geraumer Zeit, Jugendliche gezielt auf Social Media anzusprechen. Im heranwachsenden Alter sind viele damit beschäftigt, ihre soziale sowie politische Identität zu formen und erst dabei, ein Bewusstsein für die Komplexität vieler polarisierender Themen zu entwickeln. Hinzu kommen Zukunftsängste, das Gefühl nicht ernst genommen zu werden und allgemeine Unsicherheiten – um nur ein paar Dinge zu nennen, die junge Menschen zu einer besonders vulnerablen Gruppe gegenüber populistischer Inhalte machen. Besonders rechter Content liefert dabei häufig vermeintlich einfache Antworten auf komplexe Thematiken und wird deshalb besonders gut angenommen.
Welche Vorteile bietet die Plattform TikTok?
Die App TikTok ist für Menschen, die Content produzieren möchten, besonders leicht zugänglich. Denn das Aufnehmen und Bearbeiten der Videos bedarf keinerlei Vorkenntnisse, weshalb praktisch gesehen jede*r dort Videos hochladen kann. Dies führt auch dazu, dass jede*r dort seine Meinung und Informationen verbreiten kann. Die Struktur der App macht es politischen Akteur*innen dabei leicht, mit Nutzenden außerhalb ihrer bisherigen Followerschaft in Berührung zu kommen. Auf der For-You-Page werden den Nutzenden vorgeschlagene Inhalte angezeigt, die der Algorithmus geeignet für sie hält. Findet eine Interaktion mit den Inhalten statt, werden dem*der Nutzenden weitere Inhalte zu ähnlichen Themen vorgeschlagen. Auch sorgt die auf Algorithmen basierende For-You-Page dafür, dass die angezeigten Inhalte meist von fremden Creator*innen stammen, wodurch Nutzende beim Betrachten der Inhalte nichts über die Glaubwürdigkeit oder Intentionen der*des Ersteller*in wissen. Dies kann mitunter dazu führen, dass sich auch Falschinformationen leichter verbreiten lassen.
Ein Mittel, das besonders häufig von populistischen Akteur*innen genutzt wird, ist das verkürzte oder verzerrte Darstellen von Informationen. Komplexe Themen werden in kurzen Video-Clips nur angeschnitten oder aus dem Kontext gerissen, meist ohne Belege zu liefern. Die Plattform TikTok ist jedoch auch gar nicht darauf ausgelegt ausführliche Informationen zu vermitteln. Ist ein Video etwas länger, verlieren Zuschauer*innen schnell das Interesse und scrollen weiter. Eine oberflächliche und verkürzte Darstellung von Themen passt also sehr gut in die Dynamik von TikTok.
Welche Inhalte nutzen rechte Akteur*innen
Die Inhalte, die rechtsextreme Akteuer*innen auf der Plattform verbreiten, unterscheiden sich im Format oft voneinander. Während von Partei und Politiker*innen selbst hochgeladene Videos vermeintliche Professionalität und einen „parlamentarischen Glanz“ verkörpern sollen, gibt es auch viele Meinungsbeiträge von Sympathisant*innen rechter Politik, die ihre Positionen in eher laienhaften Aufnahmen verbreiten.
Emotionalisierung
Gemeinsam haben diese Akteur*innen jedoch oft, dass sie für ihre Inhalte gerne emotionalisierende Themen wie Stolz und Zusammenhalt nutzen. Aber auch negative Emotionen wie Wut und Ärger sollen mit den Inhalten ausgelöst werden. Zusammenhalt wird deshalb oft durch die Ablehnung von außenstehenden Gruppen wie z.B. Geflüchteten oder Mitgliedern der LGBTQI+-Community suggeriert. Anhänger*innen von rechten Ideologien sehen sich dabei als „deutsche“ homogene Einheit, die sich gemeinsam gegen die vermeintliche Bedrohung durch Außenstehende zusammenschließen müssen. Auch die Narrative „Zensur“ und „Sprachverbote“ werden häufig hervorgebracht. Hierbei ist es meist Ziel, Ablehnung gegen etablierte Medien und vermeintliche „woke-culture“ zu erzeugen. Häufig werden auch starke Rollenbilder bedient. Eine vermeintliche Bedrohung von „Männlichkeit“ wird von vielen Akteur*innen immer wieder als gesellschaftliches Problem beschrieben. „Lass dir nicht einreden, dass du lieb, soft, schwach und links zu sein hast. Echte Männer sind rechts, echte Männer haben Ideale“, so AfD-Politiker Maximilian Krah auf TikTok. Seit einiger Zeit sind zudem viele Inhalte der „Trad-Wife Strömung“ auf Sozialen Medien zu finden, bei der Nutzer*innen ein traditionelles Frauenbild stärken wollen und dabei oft Frauen, die diesem nicht entsprechen, abwerten.
Humor
Eine weitere Strategie: politische Botschaften und Diskriminierung nicht offen aussprechen, sondern in Humor verpacken. Humoristische Inhalte sind für die Plattform TikTok typisch und können politische Absichten verschleiern. Viele der Akteur*innen besitzen dazu eine hohe Medienaffinität und posten Memes, bespielen Trends und Hashtags oder nutzen Schlagworte aus der Jugendsprache. Die Inhalte passen so perfekt in die Rezeptionsgewohnheiten von Jugendlichen und werden nicht immer als politisierend wahrgenommen.
Codes und Emojis
In der rechten Szene werden darüber hinaus oft Codes verwendet, um Sperrungen der jeweiligen Plattform zu entgehen. Diese können beispielsweise Emojis in den Farben von Reichsflaggen oder blaue Herzen als Zeichen der Sympathie für die AfD verwendet werden.
Tipps und Hinweise
Um Jugendliche vor der Einflussnahme von rechten Inhalten zu schützen, ist es notwendig, dass diese gefährliche Inhalte auf TikTok einordnen und Widersprüche und Desinformationen erkennen können. Besonders wichtig ist deshalb, ihnen die Fähigkeit zu vermitteln, rechte Inhalte als solche identifizieren zu können. Hilfreich kann es dafür sein, gemeinsam über die oben genannten Merkmale von rechten Inhalten zu sprechen. Ein offener Umgang damit, welche Inhalte der*die Jugendliche auf TikTok anschaut, kann zudem helfen, frühzeitig zu bemerken, sollte die Person in einen Algorithmus aus rechten Inhalten hineingeraten sein. Die gesehenen Inhalte sollten dann gemeinsam thematisiert und eingeordnet werden. Es kann zudem helfen, dem*der Jugendlichen Gegenargumente für typisch rechte Argumentationsstränge an die Hand zu geben. Auch das Thema Fake News sollte mit dem*der Jugendlichen besprochen werden. Hierfür sind Eltern und pädagogische Fachkräfte dazu angehalten, Jugendliche im kritischen Umgang mit Informationen im Netz bestärken. In unserem Artikel zu Fake News werden verschiedene Möglichkeiten vorgestellt, wie Jugendliche im Umgang mit Fake News geschult werden können.