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In der heutigen digitalen Welt haben Nutzer*innen längst erkannt, dass Inhalte auf Social Media häufig eine verzerrte Realität abbilden. Die dort häufig präsentierten, makellosen Bilder wirken durch ihre inszenierte Perfektion auf viele Nutzer*innen schlichtweg ermüdend. Auch die Verkaufsabsicht, die hinter einigen Social-Media-Postings steckt, haben die meisten inzwischen durchschaut. Viele sehnen sich stattdessen nach Authentizität und Nahbarkeit. Kein Wunder also, dass in den letzten Jahren Trends entstanden sind, die dieser vermeintlichen Makellosigkeit entgegenwirken wollen.   

Insta vs. Realität  

Der Trend Insta vs. Realität (auch englisch: Insta vs. Reality) ist schon seit einigen Jahren im Umlauf und wird immer wieder in verschiedensten Kontexten aufgegriffen. Influencer*innen teilen dabei konventionelle Instagram-Fotos, die durch Filter, Foto-Bearbeitung und Inszenierung wie makellos erscheinen. Dem inszenierten und bearbeiteten Bild steht dann eine rohe, unbearbeitete Version gegenüber. Beim Aufkommen des Trends ging es zunächst darum, unrealistische Körperbilder und Schönheitsideale aufzuzeigen. Der Trend entwickelte sich jedoch schnell darüber hinaus, sodass nun auch unrealistische Darstellungen von Reisen, Morgenroutinen oder Beziehungen angeprangert werden. Durch den Trend sollen Nutzer*innen immer wieder daran erinnert werden, dass viele Beiträge auf Social Media inszeniert und die Realität nur verzerrt wiedergeben. 

Deinfluencing 

„Deinfluencen“ lässt sich sinngemäß mit „vom Einfluss abbringen“ oder „vom Kauf eines Produkts abraten“ übersetzen. So wie Influencer*innen ihre Bekanntheit dazu nutzen Produkte zu bewerben, versucht Deinfluencing genau das Gegenteil. In Videos raten Creator*innen ihren Follower*innen davon ab, gehypte Produkte zu kaufen und erzählen teilweise von negativen Erfahrungen. Der Trend soll dabei unter anderem auf den Überkonsum aufmerksam machen, der auf Social Media meist normalisiert oder sogar gefördert wird.   

Doch nicht alle Influencer*innen, die beim Trend mitmachen, wollen ihre Followerschaft vom Überkonsum abhalten. In manchen der Deinfluencing Videos geht es lediglich um Klicks. Teilweise wird sogar im nächsten Moment ein Alternativprodukt beworben. Auch bei Videos des Deinfluecing-Trends sollte deshalb immer die Intension des*der Creator*in hinterfragt werden.   

„Ich schäme mich nicht zuzugeben, dass…“  

Der Trend, bei dem Creator*innen ihre Videos mit „Ich schäme mich nicht zuzugeben, dass…“ oder auch in abgewandelter Form “Ich schäme mich nicht für…” beginnen, ist in den letzten Monaten zu einer beliebten Form der Selbstoffenbarung geworden. Creator*innen zeigen Nahbarkeit, indem sie vermeintliche Schwächen, peinliche Gewohnheiten oder Momente des Scheiterns teilen. Beispiele hierfür könnten sein “Ich schäme mich nicht zuzugeben, dass ich oft an mir selbst zweifle” oder “ich schäme mich nicht zuzugeben, dass ich für meine Kinder auch manchmal Pizza bestelle, wenn ich keine Lust zum Kochen habe”. Der Trend lebt davon, intime, aber kontrolliert geteilte Einblicke ins eigene Leben zu geben und auf diese Weise Nähe und Verbundenheit zu schaffen.  

Was wie ein mutiges Geständnis wirkt, ist von einzelnen Creator*innen allerdings strategisch ausgewählt: Es sind teilweise nur kleine „Fehler“, die harmlos oder sogar charmant wirken – keine echten Tabus oder tiefe Unsicherheiten. Ihnen geht es dabei eher um das eigene Image und ihrer Authentizität, anstatt ihren Follower*innen echte Schwächen zu zeigen.  

Corecore  

Ein weiterer Trend, der die Oberflächlichkeit von Social Media kritisiert, ist der sogenannte Corecore. Die Dopplung des Wortes “Core” spielt dabei ironisch auf den in vielen Internet-Subkulturen verwendete Suffix an, wie beispielsweise dem Hashtag Cottage Core, unter dem eine Idealisierung des Landlebens zu finden ist.  

Beim Corecore-Trend werden Videoausschnitte, welche hauptsächlich aus Social-Media-Videos, Filmen, Serien oder Podcastaufzeichnungen stammen, zu einer Art Videocollage aneinandergereiht. Hinzu kommt die Unterlegung mit melancholischer Musik. Die Videos sollen vor allem zum Nachdenken anregen, indem sie die Belanglosigkeit von Social Media aufzeigen oder auf Missstände wie unrealistische Schönheitsideale, Sexismus oder Überkonsum aufmerksam machen wollen.  

Einige Accounts nutzen diesen Stil, um die Reizüberflutung auf Plattformen wie TikTok zu simulieren und anschließend einen Bruch zu erzeugen, der die Zuschauenden dazu auffordert, die App zu verlassen und über ihren Medienkonsum nachzudenken.  

Mittlerweile gibt es zudem humorvolle Abwandlungen des Trends, bei denen auf die ernsten und melancholischen Zitate absichtlich sinnlose oder absurde Aussagen folgen, um die ursprüngliche Botschaft zu parodieren. 

Tipps und Hinweise

Gegenbewegungen wie „Insta vs. Reality“, „Deinfluencing“, “Corecore” oder „Ich schäme mich nicht zuzugeben, dass...“ tragen dazu bei, ein Bewusstsein für die inszenierte Realität auf Social Media zu schaffen. Sie ermöglichen es Jugendlichen, einen kritischeren Blick auf Influencer*innen und deren Inhalte zu entwickeln. Zudem können sie den Druck mindern, unrealistischen Schönheitsidealen entsprechen zu wollen und Produkte zu erwerben. Pädagogische Fachkräfte können diese Trends als Ansatzpunkt nutzen, um über die Herausforderungen und Risiken von Social Media zu sprechen. Der „Insta vs. Reality“-Trend wird beispielsweise in unserer Methode “Insta vs. Reality” aufgegriffen.