Dopamin-Detox als Trend
Nicht nur Jugendlichen fällt es schwer, das Smartphone aus der Hand zu legen. Apps, Social Media und Spiele sind darauf ausgelegt, unser Belohnungssystem ständig zu stimulieren. Bei jedem Like, jeder Nachricht oder jedem neuen Video schüttet das Gehirn Dopamin aus, einen Botenstoff, der uns kleine Glücksmomente beschert. Der sogenannte Dopamin-Detox-Trend soll dabei helfen, von dieser „ständigen Reizüberflutung“ loszukommen.
Hintergrund
Neurowissenschaftlich gesehen ist der Begriff „Dopamin-Detox“ irreführend: Dopamin lässt sich nicht „entgiften“ oder einfach „ausschalten“, denn es ist ein lebenswichtiger Botenstoff, der an Motivation, Lernen und Freude beteiligt ist. Viel mehr kann hier also von “Dopamin-Fasten” gesprochen werden, dessen Ziel es ist, durch bewussten Verzicht auf digitale Reize einer Überstimulation des Gehirns entgegenzuwirken.
Denn die digitale Welt bietet unzählige Reize, vom unendlichen Scrollen auf Social Media („Infinite Scroll“) bis hin zu Smartphone-Spielen, die schnelle Belohnungen versprechen. Diese Mechanismen sind gezielt darauf ausgelegt, immer wieder kleine Dopaminschübe auszulösen und uns so möglichst lange an den Bildschirm zu fesseln. Problematisch wird es jedoch dann, wenn das Gehirn durch ständige Reizüberflutung abstumpft. Oft werden immer stärkere Reize nötig, um das gleiche Glücksgefühl zu erzeugen, was die Fähigkeit mit Langeweile oder Pausen umzugehen, zunehmend erschwert. Durch den Verzicht soll das Gehirn wieder lernen, mit Phasen von geringer Dopaminausschüttung umzugehen.
Inhalt
Auf TikTok und anderen Plattformen zeigen Nutzer*innen, wie sie bewusst auf mediale Reize verzichten: Sie verbringen Zeit in der Natur, meditieren oder praktizieren das sogenannte Waldbaden. Aber auch etwas stringentere Tipps, wie für einen bestimmten Zeitraum auf eine Wand zu starren sind hier zu finden. Einen ähnlichen Ansatz verfolgte der Trend des „Raw Dogging“, welcher vor einigen Jahren auf Social Media viral ging. Dort riefen Nutzer*innen zum bewussten Erleben von Momenten ohne technische Ablenkung, etwa beim Bahnfahren oder Fliegen, auf.
Paradox an dem Trend ist, dass die Inhalte selbst über Social Media verbreitet werden. Nutzer*innen filmen sich dabei, wie sie vermeintlich auf ihr Handy verzichten, verwenden diese dann jedoch um Videos fertig zu stellen und hochzuladen. Ihre eigentliche Motivation bleibt dabei offen. Es bleibt zu vermuten, dass sie sich lediglich mehr Reichweite erhoffen oder Produkte wie „Digital Detox“-Retreats, Apps oder spezielle Journals vermarkten wollen.
Verknüpfungen mit anderen Trends
Der Dopamin-Detox-Trend steht oft im Zusammenhang mit anderen Bewegungen aus dem Selbstoptimierungsbereich. In ähnlicher Form taucht er beispielsweise bei Trends wie dem „WinterArc” auf, bei dem Menschen sich für eine gewisse Zeit von sozialen Kontakten zurückziehen. Auch bei Trends wie „That Girl“ und „How to Be Him“, die einen vermeintlich idealen, disziplinierten Lebensstil propagieren, sind oft Elemente des Dopamin-Fastens zu finden. Derartige Trends können allerdings Druck erzeugen, „perfekt offline“ oder besonders „achtsam“ zu sein, was dem eigentlichen Gedanken der Entlastung widerspricht.
Tipps und Hinweise
Der Trend zeigt deutlich, dass viele junge Menschen die ständige Reizüberflutung durch digitale Medien als belastend empfinden und ein wachsendes Bedürfnis nach digitaler Achtsamkeit entsteht.
Für Eltern und pädagogische Fachkräfte bietet der Trend daher eine gute Gelegenheit, mit Jugendlichen über Themen wie Mediennutzung, Stressbewältigung und Achtsamkeit zu sprechen. Wichtig ist dabei, den Detox-Gedanken nicht zu extrem umzusetzen: Denn ein zu strikter Verzicht etwa auf Musik, soziale Kontakte oder Freizeitbeschäftigungen kann negative Auswirkungen auf Stimmung und Wohlbefinden haben. Das Ziel sollte nicht sein, Dopamin oder Freude zu vermeiden, sondern bewusster mit Reizen und Belohnungen umzugehen. Schon kleine, realistische Schritte etwa bildschirmfreie Zeiten am Abend oder Spaziergänge ohne Handy können helfen das Gleichgewicht wiederzufinden. Denn langfristig wirkt ein achtsamer Medienumgang nachhaltiger als ein strikter, kurzfristiger Verzicht, nach dem schnell wieder alte Gewohnheiten einsetzen.