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Hinweis: Da sich dieser Artikel damit beschäftigt, welche Auswirkungen die Rezeption bestimmter, von männlich gelesenen Personen erstellter Inhalte auf Jungen und junge Männer hat, wird im Folgenden die männliche Form bestimmter Wörter verwendet. 

How to be him“ – Videos mit dieser oder ähnlichen Überschriften kursieren regelmäßig auf TikTok, Instagram und Co und richten sich vor allem an Jungen und junge Männer. In den Inhalten geben meist männliche Creator ihren Followern Tipps, wie sie attraktiver bzw. erfolgreicher und damit zu „him“ werden können. Das englische Pronomen „him“ (deutsch „er“) fungiert hier als Bezeichnung des Zielbilds eines attraktiven, erfolgreichen Mannes. Dies folgt einer ähnlichen Logik, wie der des sogenannten That Girl“ Trends: Es geht darum durch eine Transformation des eigenen äußeren Erscheinungsbilds und Auftretens zu einem Jungen/Mann zu werden, der besonders beliebt, attraktiv und erfolgreich ist. Das angestrebte Ziel ist es, dass andere – beispielsweise in der Schule – vorteilhaft über einen sprechen.

Was macht den Trend aus?

Inhalte, die sich dem Trend zuordnen lassen, sind oftmals ähnlich aufgebaut. In der Regel handelt es sich dabei um Videos, in denen meist zu sehen ist, wie der Creator selbst den Lebensstil bzw. die Routinen vorlebt, die er seinen Followern empfiehlt. Die Tipps sind dabei in Schriftform über die Videoaufnahmen gelegt. Häufig wird der Content zudem mit epischer, motivierender Musik untermalt. Die Inhalte bedienen sich dabei einer bestimmten Ästhetik und sollen den Creator als erfolgreichen Mentor wirken lassen. Die Tipps aus den Inhalten beziehen sich vor allem auf drei Kategorien: Die äußere Erscheinung, das Auftreten sowie die Aneignung bestimmter Routinen. Die Verbesserung des eigenen Aussehens soll vor allem durch regelmäßigen (Kraft-)Sport erreicht werden. Zum Beispiel wird häufig empfohlen, drei- bis fünfmal pro Woche im Fitnessstudio zu trainieren – mit dem Ziel, einen muskulösen Körperbau zu entwickeln und sich dadurch besser zu fühlen. Darüber hinaus ist oft die Haut eines der zentralen Themen. Die Follower werden dazu aufgerufen eine „Skin Care Routine“ zu etablieren, also die Haut regelmäßig zu pflegen. Außerdem wird ein bestimmter Kleidungsstil empfohlen, der die Follower erwachsen und geschmackvoll wirken lassen soll. Sie sollen sich eine aufrechte Haltung aneignen, laut und deutlich sprechen und auf Menschen zugehen. Mit diesen Verhaltensweisen wird ein selbstbewusstes Auftreten angestrebt. Und damit diese Dinge zur Gewohnheit werden, sollen Routinen etabliert werden, sodass man sie sich mehr und mehr aneignet. Hinzu kommen Routinen zur persönlichen Weiterbildung, wie zum Beispiel tägliches Lesen.  

Mögliche Herausforderungen

Einige dieser Tipps können für sich genommen unterstützenswert sein. Regelmäßiger Sport, Körperpflege oder eine Leseroutine sind Gewohnheiten, die tatsächlich das Wohlbefinden steigern können. Den Inhalten aus diesem Trend fehlt jedoch häufig das Maß. Gerade vor dem Hintergrund der Hauptzielgruppe dieser Videos lässt sich feststellen, dass drei- bis fünfmal pro Woche intensives Krafttraining für Jugendliche häufig zu viel und mitunter sogar gesundheitlich belastend sein kann. Ähnlich ist es mit der starken Fokussierung auf Äußerlichkeiten und dem Nacheifern eines bestimmten Bildes, wie man als Junge bzw. junger Mann sein soll. Generell ist an den Inhalten auffällig, wie sie den Rezipienten das Gefühl vermitteln, dass so wie sie aktuell leben nicht richtig bzw. nicht ausreichend ist. Es geht darum nach mehr zu streben. Die Anleitung dafür, wie man sich selbst zu diesem Idealbild transformiert, liefert der Creator. Dieser erweckt durch seine Videos den Anschein die Transformation bereits erfolgreich gemeistert zu haben und wird so zum Vorbild. Problematisch an diesen Inhalten ist jedoch, dass sie ein sehr starres Erfolgskonzept vermitteln sowie die Vorstellung, dass der Erfolg in der Bestätigung von außen liegt. Es geht nicht darum herauszufinden, was für einen selbst gut und richtig ist, sondern wie man sein soll und was man tun muss, um von anderen als erfolgreich, wahrgenommen zu werden. Das Ziel, welches verfolgt wird, ist somit sozialer Status. Zudem finden sich stets recht einseitig und geschlechtsstereotypische Rollenerwartungen an den „him“, als starken, dominanten und rationalen Mann. Darüber hinaus kann die Vielzahl an Tipps und Aufforderungen, neue Routinen zu etablieren, starken Druck und das Gefühl in ständigem Wettbewerb mit anderen zu stehen erzeugen.   

Warum sind solche Inhalte so erfolgreich? 

Traditionelle Vorstellungen darüber, wie Männer sein sollen, werden hinterfragt sowie nach und nach aufgelöst. Dies ist ein Fortschritt und wird von vielen als neue Freiheit wahrgenommendie mehr Raum für individuelle Entfaltung lässt und eine größere Vielfalt an Lebensentwürfen ermöglicht. Allerdings wächst eine Vielzahl von Jungen und jungen Männer mit alten, starren Rollenbildern und -erwartungen auf und besitzt keine Vorbilder, die etwas anderes vorleben. Dies kann dazu führen, dass ein Vakuum entsteht, in dem unklar ist, welche neuen Vorstellungen darüber bestehen, wie Männer sein sollen. Das kann für junge Menschen überfordernd sein. Die beschriebenen Inhalte greifen auf ein traditionelles Rollenbild von Männlichkeit zurück, das dann möglicherweise Halt und Orientierung bietet 

Tipps und Hinweise

Influencer werden für Jungen und junge Männer auf der Suche nach Orientierung häufig zu Vorbildern. Für pädagogische Fachkräfte ist es wichtig, dies zu verstehen und anzuerkennen. Denn um sich von den alten Rollenerwartungen lösen zu können, brauchen Jungen wie Mädchen gleichermaßen Vorbilder und Personen, denen sie sich offen anvertrauen können. Weiterhin kann es hilfreich sein, die Jugendlichen darin zu bestärken, ihre eigene Vorstellung von Erfolg zu entwickeln und ihnen zu vermitteln, dass Erfolg nicht ausschließlich vom sozialen Status oder der Bestätigung von außen abhängt. Weiterhin könnte ein Gespräch über gesunde Routinen helfen, in welchem man gemeinsam überlegt, was das eigene Wohlbefinden verbessern kann. Zuletzt könnte eine Diskussion über die Authentizität solcher Inhalte die Jugendlichen dazu anregen, einen kritischen Blick auf die einseitigen Darstellungen der Creator zu entwickeln.