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Selbstoptimierung, Produktivität und frühzeitiger Erfolg – das inszeniert die sogenannte „Hustle Culture“ vor allem auf Social Media. Jugendliche begegnen dort Inhalten, die ein idealisiertes Leistungsbild vermitteln und damit Einfluss auf Selbstbild, Alltag und Zukunftsvorstellungen nehmen können.

Was ist die „Hustle Culture“?

Zu „hustlen“ bedeutet einen bestimmten Lebensstil zu führen, in dessen Zentrum ein hohes Maß an Produktivität steht. Es geht darum die eigene Zeit effizient zu nutzen und sich optimale Gewohnheiten anzueignen. Meist geschieht das mit der Absicht, ein bestimmtes Ziel möglichst schnell und vor allem möglichst jung zu erreichen. Erfolg schon in jungen Jahren – das ist die Sehnsucht vieler, die sich einen solchen Lebensstil aneignen. Erfolg kann in diesem Zusammenhang zum Beispiel finanzielle Freiheit, berufliche Selbstständigkeit und/oder einen hohen gesellschaftlichen Status bedeuten. Dieser Trend zur ständigen Produktivitätssteigerung und Erfolgsfokussierung wird als „Hustle Culture“ bezeichnet.

Wie verbreitet ist das Phänomen?

„Hustle Culture“ ist auf Social Media nahezu omnipräsent. Gerade auf Plattformen wie Instagram, TikTok und YouTube, kommen Jugendliche und junge Erwachsene häufig mit Content in Kontakt, der Charakteristika und Glaubenssätze der „Hustle Culture“ transportiert. Es gibt eine Vielzahl an User*innen, die sich selbst als erfolgreiche „Hustler*innen“ darstellen. Ihr Content spielt meist auf Sehnsüchte, wie zum Beispiel finanzielle Freiheit und berufliche Selbständigkeit an und beinhaltet Tipps, wie Follower*innen ihre eigenen Ziele erreichen können. Meist geht es darum, aus dem „normalen“ Berufsleben, dem 9-to-5 Job, auszubrechen und selbstständig zu finanzieller Unabhängigkeit zu gelangen. Darüber hinaus werden bestimmte psychologische Eigenschaften hervorgehoben, die vermeintlich erforderlich sind, um erfolgreich zu sein. Demnach geht es vor allem, um ein hohes Maß an Motivation und den Willen innerliche und äußerliche Widerstände zu überwinden. In vielen Fällen bieten die Creator*innen eigene, kostenpflichtige Erfolgscoachings an.

Es gibt jedoch auch vielfach Content, in dem Glaubenssätze und Anforderungen der Hustle Culture eher implizit enthalten sind. Auch hier geben Creator*innen Tipps oder leben einen Lifestyle vor, der sich durch ein hohes Maß an Produktivität und sozialen Status auszeichnet. Ein Beispiel hierfür sind Videos zu Morgenroutinen, die einen produktiven Start in den Tag zeigen, wie sie vielfach, während dem „That Girl“ Trend geteilt wurden. Hierbei ging es darum dank eines produktiven Starts in den Tag zum „That Girl“ zu werden, also zu dem Mädchen, das zum Beispiel in der Schule, von allen gemocht oder angehimmelt wird. Das Ziel war dementsprechend Erfolg in Form von sozialem Status. Auch wenn der “That Girl” Trend mittlerweile etwas nachgelassen hat, sind Videos, in denen scheinbar ideale Tagesabläufe gezeigt werden, nach wie vor äußerst verbreitet. Doch nicht nur Creator*innen vermitteln diesen Eindruck von ständiger Produktivität. Auch die geteilten Inhalte der eigenen Freund*innen und Bekannten können den Anschein erwecken, dass diese stets Spannendes erleben, an etwas arbeiten oder generell ein erfolgreiches Leben führen. Auch diese begrenzten Ausschnitte aus den Lebensrealitäten im eigenen Umfeld, können zu sozialem Vergleich führen und dem Gefühl, dass man selbst nicht produktiv genug ist.

Herausforderungen für Jugendliche

Aufstiegsgeschichten, Morgenroutinen, psychologische Tricks zur Leistungssteigerung – Einige der Inhalte können für Jugendliche sicherlich inspirierend sein. Aufgrund der Omnipräsenz der „Hustle Culture“ auf Social Media, kann jedoch bereits durch den Konsum der Inhalte der Eindruck entstehen, stets produktiv sein zu müssen und im ständigen Wettbewerb mit anderen zu stehen. Das kann ein Gefühl von Leistungsdruck und Stress auslösen. Doch auch aktiv an der Hustle Culture teilzunehmen, kann negative Konsequenzen haben. Die Aussicht auf schnellen Erfolg scheint für viele Jugendliche und junge Erwachsene reizvoll zu sein. Denn besonders in dieser Altersgruppe sind die oben beschriebenen Inhalte sehr beliebt. Gerade Jugendliche, die sich sozialen Aufstieg wünschen, aber auch viele, die durch die Wahrnehmung der aktuellen Krisen verunsichert sind, sehen im Lebensentwurf des „Hustlens“ möglicherweise eine Chance beispielsweise finanziellen (Zukunfts-)Sorgen zu begegnen. Das kann jedoch dazu führen, dass Jugendliche sich ein zu hohes Arbeitspensum auferlegen. So entwickeln sie möglicherweise unrealistische Erwartungen an ihre eigene Produktivität, die Unzufriedenheit und Versagensängste zur Folge haben können. Darüber hinaus vermitteln die Inhalte oft ein einseitiges und starres Bild von Erfolg. Soziale Beziehungen und das Privatleben generell, werden dabei häufig vernachlässigt. Zuletzt ist die Authentizität und Echtheit von Inhalten auf Social Media, in denen Creator*innen ihren Erfolg oder einen produktiven Alltag darstellen, häufig fraglich. Für Jugendliche kann das teilweise jedoch schwer erkennbar sein, gerade auch, weil die Inhalte auf mögliche Sehsüchte anspielen und emotionalisierend wirken können.

Tipps und Hinweise

Für pädagogische Fachkräfte ist es zunächst wichtig zu verstehen, aus welchen Gründen Jugendliche solchen Content verfolgen und sich Verhaltensweisen bzw. Glaubenssätze der Hustle Culture dann auch aneignen. Hierbei hilft der Blick auf das soziale Umfeld: Welche Werte werden vertreten? Wer sind die Vorbilder der Jugendlichen? Aber auch ein Gespräch über aktuelle Krisen, Sorgen und Ängste, kann Aufschluss über ihre Motive geben. Im zweiten Schritt sollte es darum gehen, die Jugendlichen darin zu ermutigen ihr eigenes Verständnis von Erfolg zu entwickeln und ihnen Alternativen zu einem rein leistungsorientierten Lebensentwurf aufzuzeigen. Hierbei ist es von großer Bedeutung ihr Selbstwertgefühl zu stärken und ihnen zu vermitteln, dass sie dieses nicht ausschließlich an finanziellem und materiellem Besitz oder an ihrer Produktivität bemessen sollten. Gleichzeitig ist es wichtig anzuerkennen, dass solcher Content für Jugendliche durchaus motivierend und inspirierend sein kann. Bestimmte Creator*innen können ein Vorbild für Jugendliche sein und ihre Inhalte können demnach Orientierung geben. Dabei ist es wichtig in den Dialog zu treten, wie ein gesundes Maß an Engagement aussehen kann und wie sie Verhaltensweisen in ihren Alltag integrieren können, die ihnen zuträglich sind. Abschließend kann eine Diskussion über die Authentizität auf Social Media – gerade in der „Hustle-Community“ – den Jugendlichen dabei helfen einen kritischen Blick auf solche Inhalte zu entwickeln.