SkinnyTok: Der Schlankheitstrend auf TikTok
Auf TikTok erlebt gerade ein bedenklicher Trend ein Comeback: Unter dem Hashtag #SkinnyTok verbreiten Influencer*innen Tipps, wie man angeblich mühelos schlank bleiben oder werden kann. Dabei spielen häufig problematische Botschaften eine Rolle, die an die sogenannte „Heroin-Chic“-Ästhetik der 1990er- und 2000er-Jahre erinnern.
Inhalte des “SkinnyTok-Trends”
Die im Trend verbreiteten Aussagen und Ästhetiken sind alles andere neu. Zwar hat die Body-Positivity Bewegung in den letzten Jahren mehr Aufmerksamkeit für vielfältige Körperbilder geschaffen, jedoch keinen grundlegenden Wandel bewirkt. Ein schlanker Körper blieb nach wie vor das vorherrschende Schönheitsideal auf Social Media. Besorgniserregend ist jedoch die enorme Zunahme an Content, der dieses Schönheitsideal idealisiert. Auch der Hashtag SkinnyTok, unter dem die Inhalte rund ums Dünnsein gesammelt werden, ist neu. Junge Frauen teilen hier ihre Essgewohnheiten und Routinen, um ein schlankes Körperbild zu erreichen. Im Fokus steht dabei das sogenannte „Skinny Girl Mindset“, also die Idee, dass Schlanksein vor allem eine Frage der Einstellung sei. Anstatt auf ausgewogene Ernährung oder Sport zu setzen, wird suggeriert, dass man durch bestimmte Denkweisen automatisch schlank werde. Sprüche wie „Belohn dich nicht mit Essen, du bist kein Hund“ oder „Wenn du ein Skinny Girl sein willst, dann denke wie ein Skinny Girl“ sind in diesem Kontext weit verbreitet.
Herausforderungen
Das in einigen Videos angestrebte „Traumgewicht“ entspricht dabei oft einem ungesunden Untergewicht. Im Extremfall werden Essstörungen wie Magersucht und Bulimie verharmlost oder idealisiert. Besonders für Heranwachsende kann der SkinnyTok-Trend gefährlich werden. Sie befinden sich in einer sensiblen Phase der Identitätsentwicklung, in der das eigene Körperbild noch nicht gefestigt ist. Insbesondere in der (Vor-)Pubertät suchen Jugendliche daher nach Vorbildern und Orientierungshilfen, wobei sie dabei verstärkt auf die Medienwelt zurückgreifen. Treffen sie dort nun auf Inhalte, die Schlanksein idealisieren, wie der SkinnyTok-Trend, kann dies bei Jugendlichen zu großer Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und zu einem verzerrten Selbstbild führen.
Eine große Rolle spielt dabei auch der TikTok-Algorithmus. Er kann dazu führen, dass Jugendliche unbeabsichtigt in sogenannte Filterblasen geraten. Was mit Inhalten wie gesunden Rezepten oder Fitness-Tipps beginnt, kann schnell zu einer Flut von Beiträgen führen, die extreme Schlankheitsideale idealisieren. Diese algorithmische Verstärkung problematischer Inhalte erhöht das Risiko, dass junge Nutzer*innen kontinuierlich mit unrealistischen Körperbildern konfrontiert werden. Das kann zu einem dauerhaften Vergleich mit idealisierten Körperbildern führen und bei Jugendlichen erheblichen psychischen Druck erzeugen.
TikTok betont zwar, gegen Inhalte vorzugehen, die Essstörungen unterstützen. Dazu gehören beispielsweise das Sperren entsprechender Beiträge sowie das Einblenden von Hilfsangeboten bei der Suche nach bestimmten Begriffen. Der sogenannte SkinnyTok-Trend fällt jedoch häufig nicht unter diese Maßnahmen. Viele Inhalte, die problematische Körperbilder fördern, bleiben weiterhin für Jugendliche sichtbar. Zudem werden Sperrmechanismen oft durch kreative oder abgewandelte Schreibweisen umgangen.
Tipps und Hinweise
Eltern und pädagogische Fachkräfte spielen eine zentrale Rolle dabei, Kinder und Jugendliche vor der Entwicklung eines ungesunden Körperbildes zu schützen. Hierzu ist es ratsam, regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen über ihre Online-Aktivitäten zu sprechen. Heranwachsende sollten darin bestärkt werden, Inhalte kritisch zu hinterfragen und zwischen realistischen und unrealistischen Körperbildern zu unterscheiden. Auch kann es helfen, die Funktionsweise von Algorithmen zu erklären, damit Kinder und Jugendliche besser verstehen, warum sie bestimmte Inhalte häufiger angezeigt bekommen als andere. Eltern sollten Interesse zeigen, ohne dabei zu verurteilen, denn nur so kann eine vertrauensvolle Atmosphäre geschaffen werden. Darüber hinaus sollten sie dazu beitragen, das Selbstwertgefühl ihres Kindes zu stärken, indem sie dessen individuelle Stärken und Talente betonen. Negative Kommentare über Körpergewicht oder Aussehen, sowohl bei Kinder oder Jugendlichen als auch bei sich selbst sollten unbedingt vermieden werden.
Eltern und pädagogische Fachkräfte sollten auf Anzeichen achten, die auf eine beginnende Essstörung hindeuten könnten. Das können eine plötzliche Gewichtsveränderungen, striktes Diätverhalten, sozialer Rückzug oder übermäßige Beschäftigung mit dem eigenen Körper sein. Bei Verdacht auf eine Essstörung sollten Eltern und Fachkräfte unbedingt das Gespräch mit den Kindern oder Jugendlichen suchen und professionelle Hilfe hinzuziehen. In Deutschland bieten die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und die „Nummer gegen Kummer“ (116 111) Unterstützung an. Auch das Versorgungszentrum Essstörungen des AWO Bezirksverbands Oberbayern e.V. (ANAD steht Eltern beratend zur Seite.