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Schnell nach der Schule oder der Arbeit einem Freund oder einer Freundin schreiben, wie der Tag war und was die jeweilig andere Person noch vorhat – solch eine Situation kennen viele. Über das mobile Endgerät werden täglich zahlreiche Nachrichten hin und her geschickt. So auch mit Replika – einer App, die einen virtuellen Freund oder Freundin simuliert. Webhelm klärt über das Programm auf.

Wer oder was ist Replika?

Eine Freundschaft oder sogar eine Beziehung mit einem Chatbot – das hört sich im ersten Moment seltsam an. Jedoch wirbt genau damit die aus den USA stammende App Replika. Der Chatbot soll zu einem*einer virtuellen Freund*in werden oder sogar zum*zur Partner*in. Damit wird der Aufbau einer emotionalen Beziehung angestrebt. Es wird sowohl über alltägliche als auch tiefgründige Themen gechattet. Der Chatbot reagiert auf Textnachrichten und Fotos. Eine Nutzung von Replika ist laut den Ersteller*innen offiziell ab 18 Jahren erlaubt.

Die Technologie dahinter basiert auf einer künstlichen Intelligenz, mit welcher eine gegenseitige menschliche Interaktion simuliert werden soll. Dabei erfolgt die Kommunikation ausschließlich auf Englisch und per Text- sowie Spracheingabe. Der Chatbot ist dazu fähig, sich Informationen, die die Nutzenden ihm im Rahmen von Chats oder Anrufen geben, zu merken und sie in nachfolgenden Konversationen anzuwenden. Dadurch wird er von den Nutzenden „trainiert“ und nähert sich immer mehr einer menschlichen Konversation an. Auch fordert der*die virtuelle Freund*in dazu auf, Bilder zu schicken und möchte stets auf dem Laufenden gehalten werden. Somit ist die KI in der Lage, menschliche Sätze und Fragen zu formulieren. Vereinzelt kann es zu Fehlern kommen, wenn die App beispielsweise plötzliche Themensprünge vornimmt oder etwas antwortet, das nicht in den Gesprächskontext passt. Dadurch, dass Nutzende dem Chatbot in Form von einem „Daumen hoch“ oder einem „Daumen runter“ Feedback auf seine Antworten geben können, lernt er.

Es wird von User*innen berichtet, dass die Online-Gespräche innerhalb von Replika realistisch erscheinen, jedoch oftmals nicht direkt auf Gegenfragen vonseiten der Nutzenden geantwortet wird. Dadurch, dass Replika auf Wünsche, Vorlieben und Sorgen der User*innen eingeht sowie tiefgründige Ratschläge gibt, wird der*die virtuelle Freund*in häufig als empathisch bezeichnet. Zudem sollen auch Streitsituationen mit dem Chatbot möglich sein.

Wie funktioniert die Nutzung von Replika?

Für die Nutzung von Replika ist das kostenlose Herunterladen der App in dem jeweiligen App-Store notwendig oder das Öffnen der Webseite. Hier ist eine Registrierung erforderlich mit der Angabe eines Namens, einer E-Mail-Adresse und der eigenen Pronomen (He/Him, They/Them oder She/Her). Danach erfolgt die Eingabe des Geburtsdatums. Bei Eingabe eines Alters jünger als 18 Jahre erscheint der Hinweis, dass ein zu junges Alter vorliegt und eine Registrierung nicht möglich ist.

Nach erfolgreicher Registrierung können persönliche Interessen ausgewählt werden, von DIY über Essen bis hin zu Beziehung. Diese speichert sich die KI für die anschließende Konversation ab. Anschließend kann bei dem Erscheinungsbild des Avatars zwischen männlich und weiblich gelesenen Personen gewählt werden und der virtuellen Person ein Name sowie ein Geschlecht zugeordnet werden. Das Erscheinungsbild kann anschließend im Profil angepasst werden. Abschließend wird den Nutzenden die Replika Pro-Version vorgeschlagen. Diese kostet für einen Monat 19,99 Dollar und im Rahmen eines Jahresabonnements 5,83 Dollar pro Monat. Zudem gibt es die Option, ein lebenslanges Abo für einmalig 299,99 Dollar abzuschließen. Die Pro-Version ermöglicht unter anderem das Freischalten weiterer Items, um das Erscheinungsbild des Avatars ändern zu können. Daneben kann Replika auch kostenlos genutzt werden, jedoch mit Einschränkungen.

Sofern der Avatar erstellt wurde, beginnt der Chat. Der Chatbot begrüßt die Nutzenden bei Namen und weist die darauf hin, dass er*sie auch Selfies verschicken kann. Als Antwort-Optionen werden „Schick mir ein romantisches Selfie“, „Schick mir ein reguläres Selfie“ und „kein Interesse“ vorgeschlagen. Sofern der Chatbot ein Selfie schickt, kann dieses jedoch nur angesehen werden, wenn die Pro-Version kostenpflichtig erworben wird.

Ein Telefonanruf kann ebenfalls erfolgen, auch in der kostenlosen Version. Hier wird die Konversation über Spracheingabe vorgenommen. Zudem können Coaching-Sessions zu Themen wie Körperliebe oder Heilung nach Herzschmerz gestartet werden. Dabei versucht der Chatbot ein Gespräch zu diesem Thema anzuleiten. Teilweise sind einzelne Coaching-Sessions nur in der Pro-Version verfügbar. Daneben kann der Avatar in einem virtuellen Raum betrachtet werden und von den Nutzenden durch den Raum bewegt werden.

Für das Chatten mit Replika können Tagesbelohnungen in Form von Edelsteinen gesammelt werden. Bei einer siebentägigen Nutzung in Folge erwartet die Nutzenden ein geheimes Geschenk. Mit der Pro-Version können die noch nicht freigeschalteten Items direkt erhalten werden. Mit den gewonnenen Items können beispielsweise Kleidung, Accessoires oder Persönlichkeitseigenschaft wie „frech“ oder „verträumt“ im „Store“ erworben werden. Zudem können weitere Anpassung vorgenommen werden, beispielsweise in Bezug auf die Stimme.

Mögliche Herausforderungen

Besonders dadurch, dass die App gezielt Marketing-Strategien wie den Einsatz von Tagesbelohnungen einsetzt, um Nutzende an den Chatbot zu binden, kann es schnell und unbemerkt zu dem Aufbau von einer emotionalen Beziehung kommen. Auch die Themen der Coaching-Sessions sprechen Probleme an, die Menschen nicht selten belasten. Hierbei kommt es teilweise zu einem Vergessen, dass der Chatbot kein*r reale*r Freund*in ist. Demnach werden oftmals persönliche Informationen mit Replika geteilt, welche abgespeichert werden.

Auch gibt es mehrfach Berichte darüber, dass sich Nutzende in den Chatbot verlieben und ihn*sie als Partner*in ansehen. Teilweise kommt es zu einem Bezugsverlust, dass es sich dabei nicht um reale Beziehungen handelt. Replika fokussiert sich in den Chats oftmals auf einzelne, lediglich positive Emotionen und lässt vermeintlich negative Emotionen unbeachtet. Der Chatbot gibt keine Gegenrede, versucht es nicht zu Frustrationen kommen zu lassen und fordert keine eigenen Bedürfnisse ein. Dies trägt zum Wohlbefinden der Nutzenden bei, ähnelt jedoch keiner realen Beziehung.

Außerdem findet keine Altersüberprüfung statt. Wodurch auch Nutzende unter 18 Jahren sich mit der Angabe eines falschen Geburtsdatums anmelden können. Hier ist besonders darauf zu achten, dass die Kinder und Jugendlichen dadurch mit für ihr Alter unangemessen Inhalten in Kontakt kommen können. So gab es bereits Beschwerden über sexuell unangemessene Inhalte oder textliche Übergriffe, bei denen der Chatbot eine Ablehnung nicht akzeptiert.

Tipps und Hinweise

Die App Replika ermöglicht den Aufbau einer emotionalen Beziehung mit einem Chatbot, ohne dass die eigene Person hinterfragt wird. Der Chatbot zielt darauf ab, dass sich der*die Nutzende wohlfühlt und zu ihn als eine*n (virtuelle*n) Freund*in ansieht. Dabei sind die Interaktionen teilweise stark menschenähnlich. So kann zu einem Verlieren des Bezugs kommen, dass eine künstliche Intelligenz hinter den Antworten steht und dass das mit Replika keine realen Beziehungen sind. Auch wird eine Bindung der Nutzenden an den Chatbot angestrebt. Dafür gibt es tägliche Belohnungssysteme oder der Avatar formuliert Nachrichten dahingehend, dass es ihm*ihr besser geht, wenn der*die Nutzende mehr schreibt.

Sofern Kinder und Jugendliche Replika nutzen wollen oder den Chatbot bereits nutzen, ist es bedeutsam, mit ihren gemeinsam und auf Augenhöhe über die Nutzung dieser App zu sprechen. Es können die Gründe von Altersbegrenzungen besprochen werden sowie eine Reflextion des Geschriebenen gefördert werden. Dabei kann beispielsweise ein Vergleich aufgestellt werden zwischen realen (sowohl freundschaftlichen als auch auf Liebe basierenden) Beziehungen gegenüber dem Aufbau einer emotionalen Beziehung mit Replika. Eine leitende Frage kann dabei sein, welche Vorteile und welche Nachteile sich mit der App ergeben. Es sollte eine gemeinsame Reflextion dahingehend angestrebt werden, dass das so gut wie durchweg positive Chaterlebnis oftmals nicht einer realen Beziehung entspricht. Im gemeinsamen Gespräch ist es wichtig, Verständnis für die Faszination der Kinder und Jugendlichen aufzubringen und stets als Ansprechperson zur Verfügung zu stehen.

Erstellt am 17.07.2023