Expertise: Sexuelle Identität in der Jugendserie Druck und deren Mehrwert für die Jugendarbeit
Freundschaften, Schulstress, Partys, die erste Liebe – und mittendrin die Suche nach sich selbst. Der YouTube-Serie Druck gelingt es, Themen, die Jugendliche bewegen, auf innovative und authentische Weise aufzugreifen. Dabei werden gesellschaftlich und politisch relevante Themen nicht außer Acht gelassen. Im Zentrum der dritten Staffel steht vor allem die sexuelle Identität zweier Protagonisten. Im Rahmen einer Expertise, die kostenlos zum Download bereitsteht, wird der Frage nachgegangen, inwiefern sexuelle Identität in der Jugendserie behandelt wird und welchen Mehrwert die Serie für die Jugendarbeit bietet:
Mehrwert der Serie für ein junges Publikum
Der Serie Druck gelingt es, Jugendlichen gesellschaftlich relevante Themen auf innovative Weise nahezubringen. Im Vordergrund der dritten Staffel stehen dabei vor allem die Homosexualität und die Transidentität von zwei Protagonisten. Diese Themenschwerpunkte sind gerade für junge Menschen, die sich in einer Findungsphase befinden, emotional beladen und komplex. Die Serie geht einen außergewöhnlichen Weg, um jungen Zusehenden ein differenziertes und umfassendes Bild der Themen zu vermitteln, ohne dabei an Unterhaltung einzubüßen.
Ein zentraler Aspekt, der Druck gerade für ein junges Publikum ansprechend macht, ist die mediale Gestaltung der Serie. Der Einbezug der Social-Media-Plattformen YouTube, Instagram und WhatsApp spiegelt die Mediengewohnheiten junger Menschen wider und kommt ihrer Lebensrealität deshalb nahe. Durch das Bespielen von Social-Media-Angeboten wird der Handlung mehr Raum und Tiefe verliehen, was das Verhalten der Figuren für die Zuschauer*innen noch nachvollziehbarer macht. Diese ungewöhnliche Form der Veröffentlichung erleichtert es jungen Menschen, sich in die Protagonist*innen hineinzuversetzen und sich auf die Themen der Serie einzulassen.
Zudem ist die Serie mit vielfältigen und mehrdimensionalen Figuren besetzt, die Zusehenden eine große Bandbreite an Identifikationsmöglichkeiten liefert. Dabei ist nur ein geringer Teil des Ensembles bereits aus anderen Film- und Fernsehproduktionen bekannt. Stattdessen wurde beim Casting darauf geachtet, dass die persönliche Lebensrealität der Darstellenden derjenigen der Figuren nahekommt, was beispielsweise den kulturellen oder religiösen Hintergrund betrifft. Dies lässt die Figuren authentisch erscheinen, was die Identifikation mit ihnen erleichtert.
Dieser Umstand ist besonders im Hinblick auf den Umgang mit der sexuellen Identität von Matteo und David interessant: Trotz ihrer unterschiedlichen Prägung reagieren alle Figuren positiv auf das Outing der beiden jungen Männer als homosexuell bzw. Transgender. Dies kann einem jungen Publikum, das sich in den einzelnen Figuren wiederfindet, als positives Vorbild dienen. Gerade Jugendliche, die mit Homosexualität oder Transidentität bisher nicht in Berührung gekommen sind, können hinsichtlich sexueller Vielfalt sensibilisiert werden. Die unterschiedlichen Figuren können diese Sensibilisierung erleichtern. Außerdem vermittelt die Serie durch den ausnahmslos zugewandten Umgang der Figuren mit Matteo und David eine deutliche Botschaft hinsichtlich Queerness: Dass die sexuelle Identität von David und Matteo von der eigenen abweicht, ist für die Figuren kein Thema. So wird ein offenes Weltbild transportiert, das jungen Zuschauer*innen zur Orientierung dienen kann. Jugendlichen, die sich in einer ähnlichen Situation wie David oder Matteo befinden, kann die Serie Mut machen und sie in ihrem Weg bestärken
Zusehende der Serie finden allerdings nicht nur innerhalb der Figurenkonstellation von Druck vielfältige Möglichkeiten, um sich mit Themen wie Homosexualität, Transidentität, Outing und einem sensiblen Umgang damit auseinanderzusetzen. Mithilfe der Kommentarfunktion ist es dem Publikum außerdem möglich, sich selbst unterhalb der YouTube-Videos, Instagram-Posts oder auch auf WhatsApp zum Geschehen der Serie zu äußern. Gerade zu den YouTube-Videos findet besonders rund um die Thematik Transidentität ein reger Austausch aus verschiedenen Blickwinkeln statt. Junge Menschen, die selbst Transgender sind, berichten von ihren persönlichen Erfahrungen, berichtigen einzelne missverständliche Informationen der Serie oder klären andere Zuschauer*innen bei Fragen auf. So besteht eine niederschwellige Möglichkeit, sich auch weitergehend mit den in der Serie aufkommenden Themen zu beschäftigen oder sich mit Gleichgesinnten oder Menschen mit gleicher sexueller Identität auszutauschen.
Zusammenfassend ist Druck für junge Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund – sei es hinsichtlich der sexuellen Identität, der eigenen Kultur oder Religion oder auch der persönlichen Interessen – eine gleichermaßen unterhaltsame wie lehrreiche Serie. Weltoffenheit und Wissen werden niederschwellig vermittelt, zu Toleranz und Akzeptanz wird angeregt. Die Serie bleibt dabei mit dem Publikum auf Augenhöhe, was eine Identifikation mit den Figuren erleichtert.